Navigator of Ignorance

Private Blog for Eroticizing Intelligence

Mittwoch, März 31, 2004

Handy Merger


Anlässlich einer Präsentation zur Verschmelzung von Handy und MP3 Player, frage ich mich, was hat die Erweiterung des Handys mit einer Photokamera wirklich gebracht? Menschen machen Snapshots, die sie dann so lange am Handy herumtragen bis der Speicher voll ist und Bilder wieder gelöscht werden müssen. Einige wenige exportieren sie dann auch ins Web unter dem Stichwort Photoblogging. Auch die Mobilbetreiber bieten verschiedene Applikationen an, die aber auch nicht unbedingt überrannt werden, wenn das stimmt was ich so höre. Also, was hats wirklich gebracht?

Ich glaube dass es einen neuen Mut zum Schnapschuss ausgelöst hat, auch jenseits der doch relativ avantgardistisch gebliebenen Lomo-Bewegung. Und dieser neue Mut zum Schnapschuss läßt sich direkt in den Verkaufszahlen der kleinen, handlichen Digitalkameras ablesen. Canon, Olympus und Co also als lachende Dritte einer kulturellen Veränderung.

Ähnliches lässt sich wohl auch für PDAs sagen die wohl mehr verbreitet sind als PDA-Handy Hybride. Es ist nun mal sehr schwer etwas ins PDA-Handy einzutragen während man es ans Ohr presst. (Erinnert mich an Barbara Becker die kürzlich im Taxi sitzend eine SMS auf einen Zettel aufgeschrieben hat, um die abgeschriebene SMS (Adresse) dann dem Taxifahrer vorzulesen.)

Wenn nun die Handys einen 256MB Speicherchip oder gar eine Mini-Festplatte bekommen ist die Frage ob das System offen ist und ich auch via USB MP3s von meiner Festplatte aufs Handy transferieren kann oder ob ich auf die via Handy gekauften Tracks angewiesen bin. Ist das System offen, bekomme ich die Tracks auch von meinem Handy auf die Festplatte. Damit eröffnet sich wohl ein weiters DRM Problem. Ist das System geschlossen, verkleinert sich das DRM Problem, aber auch die Sinnhaftigkeit der neuen Handyfunktion. Wer will schon 1-2 Euro für Songs ausgeben die er dann nur übers Handy hören kann?

Wer wird diesmal der lachende Dritte sein?

Der blinde Fleck


Ist das klug? Hab heute in der U-Bahn ein Schüssel Statement gelesen zum Pensions-Volksbegehren: "Ich bin nicht beeindruckt".

Darf man, selbst wenn es Kunden der Konkurrenz sind, deren Probleme so abkanzeln? Das ist ja das Xte Volksbegehren auf das so reagiert wird. Die Message die beim Wähler hängen bleibt ist dann: Warum soll ich mich groß engagieren - die hohe Politik beeindruckt die Stimme des normalen Volkes eh nicht.

Ich beziehe das jetzt gar nicht auf eine Partei, weil hier alle irgendwie gleich reagieren, v.a. wenn sie im Sattel der Regierung sitzen. Mein Bedenken ist also ein prinzipiell demokratiepolitisches. Denn die Politk ist dann nämlich schon immer wieder bestürzt wenn niemand wählen geht und Politikverdrossenheit herrscht. Schuld sind dann immer die Anderen, die Medien, die Unterhaltungsindustrie, die Schulbildung, ...

Das es möglicherweise auch an der gelebten Ignoranz der Parteien gegenüber ihren Wählern (Legitimatoren) liegt, die dann ihrerseits mit Ignoranz reagieren, bleibt vorerst der blinde Fleck dieses Systems.

Montag, März 29, 2004

Entertainment unterm Deckel


Eine jener Ideen bei der man sich schnell mal frägt, warum bin ich da nicht selbst draufgekommen. Man nehme einen Papp-Getränkebecher wie man ihn zb von McDo kennt. Weiters nimmt man den durchsichtigen Plastikdeckel der oben drauf kommt (sogenannte lids) und wertet den durch Mini-CDs, DVDs oder CD-Roms auf.
Umgesetzt hat diese Idee Jeffrey Arnold und verkauft sie nun an die Musikindustrie, Fastfood-Ketten, Kino-Ketten......

By the end of 2004, said Mr. Arnold, 50 million soda lids with CD's featuring artists like Avril Lavigne, Pharrell Williams and Britney Spears will be shipped across the nation to movie theaters, fast-food chains, Nascar races and theme parks.

Die Pizza-Kette Sbarro hat in knapp 3 Monaten 2 Mio Britney Spears CDs (+ Getränk) verkauft. Jeder der Becher kostete 1,50$ extra.

NY-Times Artikel (Registrierung erforderlich)

Lidrock.com

Donnerstag, März 25, 2004

Ihre Sorgen wollen wir haben


Harvard Spender wollen nicht mehr Spenden weil die Gehälter der Harvard-eigenen Finanzmanager (19 Milliarden Dollar müssen ja irgendwie verwaltet und vermehrt werden) zu hoch sind und zu wenig Geld in Studienbeihilfen fließt.

"Rund 100 Millionen Dollar für die sechs erfolgreichsten Geldanleger der HMC (Harvard Management Company), 35 und 34 Millionen gar für die beiden besten. Damit verdienen die 68-mal so viel wie Unipräsident Larry Summers, der das als ehemaliger US-Finanzminister gewiss genau ausrechnen kann. Normale Harvardprofessoren müssen sich meist mit "nur" einem Zweihundertstel begnügen."

Nur um das Gehalt dieser Schweine zu bezahlen

The American Dream


... ist nicht mehr so ganz, berichtet der Spiegel und bezieht sich auf das Buch "The Working Poor" des Pulitzer Preisträgers David Shipler.

"Work doesn't work" heißt ein Schlüsselkapitel. Shiplers These: "Die amerikanische Doktrin, dass harte Arbeit Armut heilt", funktioniere nicht mehr wie einst. Die Distanz zwischen den Schichten, ohnehin größer als in Europa, wachse - und der soziale Aufstieg sei oft unmöglich, selbst für die Fleißigen. Über 42 Millionen US-Bürger gelten offiziell als arm, zuletzt mit leicht steigender Tendenz. Viele von ihnen haben einen Job oder zwei, wie die Menschen in Shiplers Buch. Sie leiden in der Rezession, im Boom geht es ihnen kaum besser.

Der Economist sieht die Dinge natürlich ganz anders. Für ihn ist es Amerikanern selten besser gegangen. Was sind aber Amerikaner? Für die Economist Statistik sind nur "native Americans" Amerikaner. Damit sind aber nicht die Indianer gemeint sondern die in Amerika geborenen. Und so kommt man dann zu folgenden Schluß:

Strip out immigrants, and the picture of stagnant median incomes vanishes. Indeed, for the nine-tenths of the population that is native-born, middle-income trends continue their improvement of the 1950s and 1960s. For these people, inequality is not rising, but falling. Gregg Easterbrook cheekily points out in his excellent recent book, “The Progress Paradox” (Random House), that if left-leaning Americans seriously want better statistics about middle-income gains, then they should simply close their borders.

Genauso gut könnte man gleich nur das Vermögen der 100 reichsten Amerikaner vergleichen und dann zu dem gleichen Schluss kommen. Das der Mittelwert kein wirklich geeignetes Merkmal zum Vergleich ist, will nur am Rande erwähnt werden.

At the end of last year, America's household wealth, at $44 trillion, passed the previous peak set in early 2000.

Warum sollte sich also Caroline Payne (aus Shiplers Buch) die heute für 6,25 Dollar die Stunde bei Wal-Mart Regale einräumt sorgen machen? Es geht bergauf, schließlich hat sie bei ihrem ersten Job nur 6 Dollar die Stunde verdient. Das war in den 70ern.


Spiegel.de: Fleißig, hungrig, zahnlos
Economist: Smile, these are good times. Truly

Das Dasani PR-Debakel


Wie verkauft man Leitungswasser, den halben Liter, um 95 Pence statt um 0,03 Pence? Ganz einfach, man macht eine Marke daraus.

Coca Cola, ungekrönte Königin des Brandings, hat genau das gemacht, dem Kind den Namen Dasani gegeben und ist jetzt, zumindest in Europa, damit ordentlich auf die Nase gefallen.
Nach einer erfolgreichen Markteinführung in den USA - 10 Millionen Euro Marketingbudget führten zu Platz 2 - wollte man das Wasser auch in Europa launchen und startete vorerst in Großbritannien.
Und dann begann das Debakel. Zuerst musste man zugeben dass das Wasser, welches man um 1,48 Euro pro halben Liter verkauft eigentlich nicht mehr ist, als Leitungswasser aus dem Londoner Vorort Sidcup angereichert mit Kalzium, Magnesium und Natron - zur Geschmacksverbesserung. Den Preisunterschied argumentierte Coca-Cola mit eben dieser Anreicherung und dass man viel reiner ist als das Ausgangsprodukt Leitungswasser. Dies rief wiederum die örtlichen Wasserwerke auf den Plan.

Außerdem musste der Konzern bekennen, dass sein Wasser mit einem unakzeptablen hohen Bromat-Wert verkauft wurde. Die Verunreinigung war bei der Aufarbeitung des verwendeten Wassers entstanden.

Insgesamt ein gefundenes Fressen für die Presse.

Ab Mai sollte Dasani auch in Deutschland und Frankreich auf den Markt kommen. Dieser Termin wurde nun gecancelt.

Wie heißt es immer so schön in den Marketingbibeln von Kottler und Co: Ein Produkt muss erstklassig sein. Schlechte Produkte können auch mit gutem Marketing nicht gerettet werden.

Kleine Anmerkung am Rande: Auch BusinessWeek fragt in der aktuellen Printausgabe (29 März 04) prophetisch: Will Coke´s Water Meet its Waterloo? - führt dann aber die Konkurrenz (Nestle und Danone) als größten Gegner an und nicht die eigene PR Maschine.

Spiegel.de: Coca-Cola verkauft Leitungswasser

Spiegel.de: Coca-Cola kippt Verkauf in Europa

Dienstag, März 23, 2004

Do U Tooth?


Als Besitzer eines uralt Handys ohne Bluetooth und ähnlichen Schmankerln stehe ich solchen Entwicklungen fassungslos gegenüber ;-)

And now comes "toothing," where strangers on trains and buses and at bars and concerts hook up for clandestine sex by text messaging each other with their Bluetooth-enabled cell phones or PDAs.

Auch wenn sich die Erzählungen anhören wie das Skript zu einem schlechten Pron Movie, zeigt sich einmal mehr wie wichtig der Faktor Sex bei der Etablierung neuer Technologien ist.

Steve's introduction to toothing was similar. He had just bought himself a new mobile phone when he was pinged by someone on his commuter line. "Bored? Talk to me," the message read.
"I thought it was some kind of SMS spam," says Steve. "I was messing with the phone's settings, trying to work out what to do when I got the second message, 'I can see you struggling. Meet me in the toilet and I'll show you what to do.'"
Intrigued, he says, he did as bid.
"It was unlocked," he remembers. "A girl was ... in there with her shirt undone. 'This beats the crossword,' she said. And we took it from there."


Wired News: Brits Going at It Tooth and Nail

Donnerstag, März 18, 2004

Olivenembargo?


Sehr feiner und polemischer OP-Ed von Maureen Dowd in der NY-Times. Es geht um das Demokratieverständnis der Republikaner das noch immer auf einem My Way or the Highway Niveau dahinstrauchelt. Wird nach den kollektiven verschütten französischen Weins jetzt die spanische Olive zertreten?

"House Republicans haven't suggested an embargo on olives and paella yet, but it's probably just pocos minutos away. By the time these guys are through, it will be unpatriotic to consume any ethnic food but fish and chips and kielbasa, washed down with a fine Bulgarian wine."

NY-Times Op-ED (Registrierung erforderlich)